Die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln hängen maßgeblich von ihrer Stabilität ab. Stabilitätsprüfungen unter kontrollierten Bedingungen sind daher ein unverzichtbarer Bestandteil der pharmazeutischen Entwicklung und Zulassung. Dieser Artikel zeigt, wie Haltbarkeitstests durchgeführt werden, welche regulatorischen Vorgaben gelten und welche Technologien – wie Klimakammern – dabei zum Einsatz kommen.
Bedeutung der Haltbarkeitstests (Stabilitätsprüfung)
Die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln sind essenzielle Pfeiler der modernen Pharmazie. Ein zentrales Element zur Gewährleistung dieser Parameter sind sogenannte Haltbarkeitstests – auch Stresstests oder Stabilitätsprüfungen genannt. Sie dienen dazu, die Stabilität eines Arzneimittels unter verschiedenen Umweltbedingungen zu bewerten und somit die Haltbarkeitsdauer festzulegen.
Mit der zunehmenden Komplexität moderner Wirkstoffe und den stetig wachsenden regulatorischen Anforderungen gewinnen Stabilitätsstudien stark an Bedeutung. Von biotechnologisch hergestellten Proteinen bis hin zu temperaturempfindlichen Impfstoffen – stabile Arzneimittelentwicklung erfordert fundiertes Know-how und sorgfältig geplante Tests.
Solche Studien helfen, geeignete Verpackungen, Lagerbedingungen und Prüfintervalle zu bestimmen. Sie sind zentral für die Zulassung und die Festlegung des Verfalldatums – dem Zeitpunkt, bis zu dem ein Arzneimittel sicher angewendet werden darf. Die Durchführung erfolgt dabei gemäß internationaler Standards wie den ICH-Guidelines und begleitet das Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg – von der Entwicklung bis zur Marktüberwachung.
Geschichte des Verfallsdatums
Die Einführung eines standardisierten Verfallsdatums ist eine vergleichsweise junge Errungenschaft der modernen Pharmazie. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden Medikamente häufig ohne jegliche Angaben zur Haltbarkeit verkauft – insbesondere in Apotheken, die Arzneien selbst herstellten. Dies führte zu erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Präparaten, insbesondere bei längerer Lagerung.
Erst mit dem Fortschritt in der pharmazeutischen Wissenschaft und der Industrialisierung der Arzneimittelproduktion wuchs das Bewusstsein für die Bedeutung der chemischen und physikalischen Stabilität von Wirkstoffen. Regulatorische Behörden weltweit begannen, die Notwendigkeit verbindlicher Vorgaben zu erkennen, um die Qualität und Sicherheit über die gesamte Lebensdauer eines Arzneimittels zu garantieren.
In den 1970er- und 1980er-Jahren wurden erste konkrete regulatorische Anforderungen für Stabilitätsstudien entwickelt – unter anderem durch die US-amerikanische FDA und die europäischen Arzneimittelbehörden. Die Einführung international harmonisierter Richtlinien durch die ICH (International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use) markierte einen Meilenstein: Sie legte Standards zur Durchführung von Stabilitätsprüfungen fest, um wissenschaftlich fundiert ein Verfalldatum zu ermitteln.
Das Verfalldatum selbst gibt seither an, bis zu welchem Zeitpunkt ein Arzneimittel unter den definierten Lagerbedingungen seine spezifizierte Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit behält. Es wird basierend auf umfangreichen Stabilitätsdaten bestimmt, die im Rahmen von Haltbarkeitstests erhoben werden. Damit ist es nicht nur ein Aufdruck auf der Verpackung, sondern Ausdruck eines komplexen analytischen und regulatorischen Prozesses, der zentral zur Patientensicherheit beiträgt.
Internationale und nationale Standards & Richtlinien

Die Durchführung von Haltbarkeitstests ist heute klar geregelt – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Die wichtigsten Regularien umfassen die ICH-Richtlinien, nationale Vorgaben wie das Arzneimittelgesetz (AMG) sowie das Europäische Arzneibuch.
Internationale Richtlinien
- ICH Q1A(R2): Richtlinie zur Stabilitätsprüfung neuer Arzneimittelsubstanzen und -produkte. Die ICH-Q1A regelt die Abläufe aller in einer Normklimakammer durchzuführenden Stabilitätsprüfungen. Die wichtigsten einzustellenden Parameter sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
- ICH Q1B: Richtlinie zur Photostabilitätsprüfung. Der ICH-Q1B beinhaltet den Photostabilitätstest, also die Prüfung der Beständigkeit von Produkten bei längerer Sonneneinstrahlung. Deshalb muss die Klimakammer neben den Parametern Temperatur und Luftfeuchtigkeit zusätzlich mit Leuchtstoff- oder UV-Lampen, die allgemein als ICH-Lampen bekannt sind, ausgestattet werden.
Nationale Richtlinien (Schweiz)
In der Schweiz unterliegt die Arzneimittelzulassung und -überwachung dem Heilmittelgesetz (HMG). Zuständig ist die Swissmedic, die sich in Bezug auf Stabilitätsanforderungen eng an den Richtlinien der ICH und der EU orientiert. Für pharmazeutische Unternehmen gelten folgende Anforderungen:
- Auch für verlängerte Haltbarkeitsdauer oder neue Lagerbedingungen sind ergänzende Stabilitätsdaten erforderlich.
- Stabilitätsdaten müssen gemäß ICH Q1A(R2) und ergänzenden Swissmedic Guidance Documents erbracht werden.
- Die Durchführung von Stabilitätsprüfungen erfolgt im Rahmen der Zulassungsdokumentation (Modul 3.2.P.8 des Common Technical Document (CTD), das für pharmazeutische Qualitätsinformationen genutzt wird.).
Zunehmende Komplexität
Die Nachfrage nach Stabilitätsstudien wächst kontinuierlich – bedingt durch steigende regulatorische Anforderungen und die zunehmende Komplexität in der Entwicklung moderner Arzneimittel. Damit einhergehend etabliert sich ein Markt spezialisierter Dienstleister, die umfassende und individuell zugeschnittene Lösungen in diesem Bereich anbieten. Mit fundierter Expertise im Entwicklungssupport und Lebenszyklusmanagement unterstützen sie Pharma- und Biotech-Unternehmen mit erfahrenen Projektteams.
Zur Durchführung von Stabilitätsstudien stehen moderne Lagerinfrastrukturen zur Verfügung. Dazu zählen begehbare Klimakammern, die flexibel an unterschiedliche, kundenspezifische Lagerbedingungen angepasst werden können. Dies ermöglicht eine hohe Flexibilität bei der Planung und Umsetzung unterschiedlichster Studienanforderungen.
Kritik und Programme zur Neubewertung

Die Haltbarkeitsdauer eines Arzneimittels – oft als Shelf Life bezeichnet – gibt den Zeitraum an, in dem ein Produkt unter definierten Bedingungen stabil bleibt. Stabil bedeutet hierbei, dass keine unzulässige chemische, physikalische oder mikrobiologische Instabilität vorliegt, und dass die therapeutische Wirkung weiterhin gewährleistet ist.
Durchschnittliche Haltbarkeitsdauer
Betrachtet man alle zugelassenen Medikamente in ihrer Gesamtheit, liegt die durchschnittliche Haltbarkeitsdauer weltweit zwischen 24 und 36 Monaten. Dieser Wert variiert je nach Darreichungsform und Wirkstoffklasse:
- Tabletten und Kapseln: meist 2–5 Jahre
- Flüssige Zubereitungen (z. B. Säfte, Tropfen): 6–24 Monate
- Parenteralia (Injektionslösungen): 1–3 Jahre
- Augen-/Nasentropfen: häufig <12 Monate, insbesondere nach Anbruch
Diese Werte basieren auf den Ergebnissen der jeweiligen Langzeitstabilitätsprüfungen. In der Praxis werden oft Sicherheitsmargen berücksichtigt, um auch leichte Abweichungen durch Transport oder Lagerung zu kompensieren.
Kritik und Programme zur Neubewertung
Obwohl sich das Konzept des Verfallsdatums etabliert hat, gibt es aus Fachkreisen kritische Stimmen. Einige Experten bemängeln, dass viele Medikamente auch nach Ablauf des offiziellen Verfallsdatums noch wirksam und sicher sein könnten. Diese Kritik führte in den USA zur Einführung eines einzigartigen Programms: Das Shelf Life Extension Program (SLEP) der USA
- Initiator: U.S. Department of Defense in Kooperation mit der FDA
- Ziel: Verlängerung der Haltbarkeit von Arzneimitteln in großen staatlichen Vorräten
- Ergebnisse: Viele getestete Medikamente wiesen noch Jahre nach Ablauf des Verfallsdatums ausreichende Stabilität auf
- Bedeutung: Einsparungspotenziale in Milliardenhöhe und Anstoß für eine differenziertere Betrachtung der Haltbarkeitsangaben
Trotz solcher Erkenntnisse bleibt die rechtliche Gültigkeit des Verfallsdatums unangetastet – besonders im Hinblick auf Patientensicherheit, Produkthaftung und Qualitätssicherung.
Folgenstabilität: Was passiert nach der Öffnung?
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Folgenstabilität – also die Stabilität eines Arzneimittels nach erstmaliger Öffnung. Dies betrifft unter anderem Augentropfen, Salben und flüssige Arzneiformen. Nach dem Öffnen können äußere Faktoren wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur und mikrobiologische Kontamination die Stabilität beeinflussen. Daher geben Hersteller oft spezifische Anweisungen zur Verwendung nach Anbruch, wie z. B. “nach dem Öffnen innerhalb von 30 Tagen verwenden”.
Welches Equipment benötigt man für Haltbarkeitstests?

Stabilitätsprüfungsräume, auch Klimakammern genannt, bieten optimale Bedingungen für Stabilitätsstudien in Bereichen wie Pharmazie, Medizin, Körperpflege und wissenschaftlicher Forschung. Diese Kammern ermöglichen die präzise Steuerung von Temperatur, Feuchtigkeit und Beleuchtung gemäß geltenden Richtlinien, um verlässliche Testergebnisse sicherzustellen.
Für pharmazeutische Prüfungen kann zudem spezielle, FDA-konforme Software erforderlich sein. Zudem kommen Klimakammern oft bei beschleunigten Alterungstests zum Einsatz, um den natürlichen Alterungsprozess unter kontrollierten Bedingungen zu simulieren und zu beschleunigen. FDM-Stabilitätskammern sorgen dabei für eine konstant geregelte Umgebung hinsichtlich Temperatur und Luftfeuchtigkeit und verfügen über ein intuitives Steuerungssystem, das den Bedienkomfort erhöht und für einen reibungslosen Testablauf ohne unerwartete Probleme sorgt. Diese Kammern eignen sich besonders gut für Stabilitätstests gemäß ICH Q1A, zur Ermittlung von Verfallsdaten, für Verpackungsprüfungen, beschleunigte Alterungstests und viele weitere Anwendungen.
Stabilitätsverfahren – Überblick

Im Großen und Ganzen gibt es verschiedene Arten von Stabilitätstests, die sich in Dauer und Bedingungen unterscheiden:
- Langzeitstabilitätstest
- Wird über den vorgesehenen Lagerzeitraum (z. B. 12 bis 60 Monate) unter empfohlenen Lagerbedingungen durchgeführt.
- Ziel: Nachweis, dass das Produkt während der gesamten Haltbarkeitsdauer sicher und wirksam bleibt.
- Beschleunigter Stabilitätstest (Kurzzeit- oder Accelerated Test)
- Findet über einen kürzeren Zeitraum (typischerweise 6 Monate) bei ungünstigeren Bedingungen (z. B. höhere Temperatur und Luftfeuchtigkeit) statt.
- Ziel: Frühe Hinweise auf mögliche Stabilitätsprobleme und Abschätzung der Haltbarkeit.
- Zwischenstabilitätstest (Intermediate Test)
- Wird angewendet, wenn Bedingungen des beschleunigten Tests nicht ausreichen oder um die Stabilität bei mittleren Bedingungen zu überprüfen.
- Oft bei 30 °C und 65 % RH über mehrere Monate.
- Photostabilitätstest
- Prüfung der Beständigkeit gegen Lichteinfluss, wie von ICH Q1B vorgeschrieben.
- Freeze-Thaw-Test (bei manchen Produkten)
- Test der Stabilität bei wiederholtem Einfrieren und Auftauen.
Prozess gemäß ICH-Richtlinien (z.B. ICH Q1A(R2))
Der generelle Ablauf einer Stabilitätsstudie umfasst:
- Planung und Design der Studie
- Auswahl der zu testenden Chargen (idealerweise mindestens 3 repräsentative Chargen).
- Festlegung der Testbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Licht, Dauer).
- Bestimmung der Prüfzeitpunkte (z. B. 0, 3, 6, 9, 12 Monate).
- Durchführung der Tests
- Produkte werden unter definierten Lagerbedingungen gelagert.
- Zu festgelegten Zeitpunkten werden Proben entnommen und analysiert (z. B. Wirkstoffgehalt, Aussehen, Löslichkeit).
- Auswertung der Daten
- Analyse der Ergebnisse hinsichtlich Produktspezifikationen und Trends.
- Bestimmung der Haltbarkeitsdauer (Shelf Life) und Lagerbedingungen.
- Bericht und Dokumentation
- Erstellung eines Abschlussberichts mit allen Ergebnissen und Empfehlungen.
Lösungen in der Praxis: Klimakammern von Aralab
Zur Durchführung verlässlicher Stabilitätstests benötigen Pharmaunternehmen präzise technologische Infrastruktur. Hier kommen Klimakammern ins Spiel – insbesondere die hochpräzisen Lösungen von Aralab.
Aralab bietet eine breite Palette von Klimakammern, die speziell für Stabilitätsprüfungen in der Pharmaindustrie entwickelt wurden. Diese Kammern ermöglichen die präzise Kontrolle von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichtbedingungen, um die Anforderungen der ICH-Richtlinien zu erfüllen. Die FitoClima-Serie von Aralab ist in verschiedenen Größen erhältlich, darunter 600 l und 1.200 l Modelle, die sich ideal für unterschiedliche Testvolumina eignen. Zudem bietet Aralab begehbare Klimakammern für großvolumige Anwendungen.
Einige der herausragenden Merkmale der Aralab-Klimakammern sind:
- Präzise Steuerung von Temperatur (15 °C bis 45 °C) und Luftfeuchtigkeit (35 % bis 90 % rF) mit hoher Gleichmäßigkeit.
- Konform mit ICH Q1A und Q1b Guidelines
- FDA 21 CFR Part 11 konforme Software für Datenaufzeichnung und -management.
- Modulares Design mit anpassbaren Regalen und Beleuchtungsoptionen.
- Energieeffiziente Komponenten und benutzerfreundliche ClimaPlus-Touchscreen-Steuerung.
Durch den Einsatz von Aralab-Klimakammern können Pharmaunternehmen sicherstellen, dass ihre Stabilitätstests unter kontrollierten und reproduzierbaren Bedingungen durchgeführt werden, was letztlich zur Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel beiträgt.
Produktübersicht

Konstantklimaräume
- Temperatur und Klima steuerbar
- Ideal für Stabilitätstests
- Einsatz in Pharma und Lebensmittel

Stabilitätskammern
“REACH-IN”
- 600/1200-Liter Kammern
- Flexible Regalkonfigurationen möglich
- Präzise Temperatur-Feuchte-Kontrolle

Stabilitätskammern “WALK-IN”
- Konstante Klima-Bedingungen
- Für Arznei und Kosmetika
- Geeignet für Lager und Tests

Photostabilitätstest
- Für Photostabilitätstests geeignet
- ICH Q1b-konform
- Flexibles, verstellbares Interieur
Dateien zum Download:
Welche Rolle spielt Vitaris?
Vitaris ist stolzer Handelspartner von Arlaab und Ihr kompetenter Ansprechpartner in der Schweiz, wenn es um Vertrieb, Installation, Wartung, Reparatur und Qualifizierung (IQ/OQ/PQ) der Arlaab-Geräte geht.
Dank unserer langjährigen Erfahrung und fundierten Expertise im Bereich der Labortechnik stellen wir sicher, dass Sie nicht nur hochwertige Geräte erhalten, sondern auch einen umfassenden technischen Support – lokal, persönlich und zuverlässig.
Ob Inbetriebnahme, regelmäßige Wartungen, Störungsbehebungen oder die qualifizierte Validierung Ihrer Systeme: Mit Vitaris haben Sie einen Partner an Ihrer Seite, der alle Phasen des Geräte-Lebenszyklus professionell begleitet – gemäß regulatorischen Anforderungen und stets mit Fokus auf Qualität und Betriebssicherheit.
Warum sich professionelle Stabilitätsstudien auszahlen
Stabilitätsstudien ermöglichen eine realitätsnahe Simulation von Umwelteinflüssen wie Temperatur, Feuchtigkeit und Licht, wodurch chemische, physikalische und mikrobiologische Instabilitäten frühzeitig erkannt werden können. Auf dieser Grundlage lassen sich fundierte Lagerbedingungen und Haltbarkeitsfristen festlegen. Dabei wird der logarithmische Verlauf chemischer Reaktionen berücksichtigt, um präzise Zeitmodelle zu erstellen. Eine rechtssichere Dokumentation gewährleistet die Nachverfolgbarkeit und Qualität des Produkts über den gesamten Lebenszyklus. Gleichzeitig unterstützen Stabilitätsstudien die Optimierung der Produktentwicklung und tragen zur Risikominimierung im Zulassungsprozess bei.
HABEN SIE Fragen zu diesem beitrag?
Wir helfen Ihnen gerne weiter.